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Andreas Spiegl

Die These wird dahin gehen, in den Zeichnungen und vor allem Raumzeichnungen von Otto Zitko ein Stück weit Architektur erkennen zu wollen. Dafür will ich im ersten Teil auf das Verhältnis der Moderne zur Zeichnung und Architektur eingehen, um dann in einem zweiten Schritt die Verkehrung dieser Beziehung zwischen Linie und Raum im Werk von Otto Zitko nachzuzeichnen.

Jan Avgikos

Die Setzung von Markierungen ist grundlegend in der Kunst, wir tendieren jedoch dazu, dem Vorgang eine Chronologie des „Davor, Währenddessen und Danach“ zu geben und ihn zu interpretieren: als Verkörperung einer Handlung, als Verweis, als Zurückbleibendes, als Spur, als etwas Beiläufiges, etwas Zufälliges, als Konzept, als Kommunikation, als Metapher, als Form der Selbstbehauptung, als Abheben, als Punkt, als Linie, als das, was er ist, als Beginn von etwas Neuem.

Hemma Schmutz

Jedes Mal ist es überraschend, in Otto Zitkos grafisch-abstraktem Universum auf die menschliche Figur zu stoßen – ein Gesicht oder auch andere Teile des meist weiblichen Körpers recht explizit ins Bild gerückt zu sehen. Vor „explicit material“ warnen uns in US-amerikanischen Museen Tafeln vor dem Eintreten in Räume mit sexuell aufgeladenen Darstellungen. Europa war da immer etwas freizügiger, auch wenn sich diverse Sammlungen von Erotika auch hier meist in Mappen versteckt in den Schränken der Herrenzimmer verbergen.

Peter Weibel

Zwei primäre Quellen des Ausdrucks sind Motorik und Graphismus. 35.000 Jahre vor unserer Zeit finden wir in Knochen eingeritzte kufenförmige Linien oder Folgen von Kerben, auf kleinen Blättchen aus Stein oder Holz finden wir Spiralen, gerade Linien und Anordnungen von Punkten. In diesen ältesten Beispielen rhythmischer Äußerungen ist im gleichen dynamischen Vorgang der Graphismus eingeschlossen. Waren es Jagdzeichen, eine Art Buchhaltung oder Hilfsmittel für Beschwörungs- und Deklamationsprozesse? Der abstrakte Charakter der Darstellung leitet uns jedenfalls an, den Ursprung des graphischen Ausdrucks im Abstrakten zu sehen.

Herbert Lachmayr

Eine Linie, die Otto Zitko zieht, wenn er malt, setzt die Linie fort, welche der Künstler schon vor langem begonnen hat. Mit dieser Linie ist er ,unterwegs', als einer, der nomadischen Prinzipien folgt, als einer, der in labyrinthischer Vernetzung einen Weg buchstäblich vorzeichnet und ihm nachgeht (respektive vorgeht und ihn nachzeichnet); als einer, der mit raumgreifenden Mal/Zeichen-Gesten ein zweidimensionales Lineament in vorhandene Räume setzt, sie dadurch dynamisiert, entgrenzt und sie um eine ungeahnte Tiefe bereichert, die zeitliche Dimension ahnen lässt.